Bußgeld und Fahrverbot nach Blick auf das Display
Der Sachverhalt
Dem Fahrer eines Elektroautos wurde die moderne Bedienung seines Fahrzeuges zum Verhängnis: er wollte die Geschwindigkeit des Scheibenwischers einstellen, was nur über den im Auto verbauten Touchscreen möglich ist. Durch den Blick auf das Display, das Aufrufen verschiedener Untermenüs und das Einstellen war er zu lange abgelenkt. Es kam zu einem Unfall. Das Amtsgericht Karlsruhe verurteilte den Fahrer zu einer Geldbuße von 200 € und einem Monat Fahrverbot. Als Begründung führte das Gericht aus, der Fahrer habe während der Fahrt regelwidrig ein elektronisches Gerät benutzt und dadurch gegen § 23 StVO verstoßen..
Bestätigung durch OLG Karlsruhe
Das OLG Karlsruhe hat dieses Urteil zwischenzeitlich bestätigt (Az.1 Rb 36 Ss 832/19). Es sei zwar nicht verboten, ein sicherheitsrelevantes Teil während der Fahrt einzustellen. Es komme aber darauf an, wie der Fahrer das tut. Das Gesetz sage ausdrücklich, dass man den Blick nicht zu lange von der Straße abwenden darf; aber genau das sei hier geschehen. Den Touchscreen während der Fahrt zu benutzen sei grundsätzlich erlaubt – sofern der dafür nötige kurze Blick Verkehr und Witterung angemessen ist. Die Auswahl der richtigen Wischgeschwindigkeit über ein Untermenü erfordere jedoch zu viel Aufmerksamkeit. Dies gelte insbesondere im Vergleich zu herkömmlichen Armaturen mit Hebeln und Schaltern.
Signalwirkung der Entscheidung
Das Urteil wird sicherlich Signalwirkung haben. Zwar sind nicht alle Amtsgerichte an die Entscheidung gebunden, jedoch werden die Gerichte dem Urteil mit hoher Wahrscheinlichkeit folgen. Erst wenn ein anderes Oberlandesgericht oder das Bayerische Oberste Landesgericht von dieser Entscheidung abweichen will, würde der Bundesgerichtshof entscheiden. Das Urteil hat jedoch auch nicht nur für Fahrer des amerikanischen Herstellers des Elektroautos Konsequenzen, sondern auch für Kunden anderer Hersteller, in deren Autos z.B. die Klimaanlage nur über den Touchscreen eingestellt werden kann.
Konsequenzen
Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass künftig auch eine andere Benutzung eines Touchscreens als Ordnungswidrigkeit bewertet wird. Problematisch ist aber für jeden Autofahrer, dass die Hersteller immer mehr dazu übergehen, Schalter und Hebel aus dem Auto zu verbannen und auf Touchsreens zu setzen. Viele Funktionen des Fahrzeuges lassen sich schon heute nur über Berühren, Scrollen und/oder Klicken einstellen. Problematisch ist auch, dass der Gesetzgeber bei der einschlägigen Vorschrift des § 23 StVO eigentlich an „mobile“ Geräte (Handys, Tablets, e-Books, Diktiergeräte u.ä.) dachte, deren Bedienung während der Fahrt ablenken kann, nicht aber an fest verbaute Bedienelemente des Autos selbst.
Ob die Entscheidung daher tatsächlich richtig ist und bei einem Fahrer zu einem Bußgeld und Fahrverbot führen kann, darf bezweifelt werden. Das gilt vor allem vor dem Hintergrund, dass jedes Fahrzeug auch mit den entsprechenden Touchscreens und Bedienelementen eine amtliche Zulassung erhalten hat; der Fahrer muss sich also grundsätzlich darauf verlassen können, dass er sich regelgerecht verhält, wenn er sein Auto so bedient, wie es vom Hersteller vorgesehen ist und wie es für den öffentlichen Straßenverkehr amtlich zugelassen wurde.
Sollte Ihnen daher ein solcher Vorwurf gemacht werden oder sollten Sie einen Bußgeldbescheid erhalten, sollten Sie disen nicht einfach akzeptieren. In Anbetracht der durchaus kompliezierten Rechtslage sollten Sie auf jeden Fall gegen den Vorwurf vorgehen und Einspruch gegen einen Bußgeldbescheid einlegen. Suchen Sie sich daher auf jeden Fall anwaltlichen Rat und Hilfe.